Emotionalwork – Das Bündnis mit unseren Emotionen

Bei dieser ganzheitlichen Form der Arbeit wird versucht zu einem Verstehen zu gelangen, das nicht nur unser Denken betrifft, sondern den gesamten Körper. Ein Verstehen ohne Körper ist wie das Erfassen einer Theorie – es fehlt der reale Bezug.  Wenn man hingegen etwas im Körper empfindet, dann ist es greifbar und man hat einen ganz persönlichen Bezug dazu.

Gefühle können sich nur durch den Körper ausdrücken – es gibt keinen Ausdruck von Gefühlen ohne den Körper. Bedingt durch gesellschaftliche Normen und unsere familiäre Situation in unserer Kindheit lernen wir mit zunehmendem Alter, bestimmte Gefühle immer mehr zu unterdrücken. Es gibt Menschen, die seit Jahrzehnten nicht mehr geweint haben oder niemals auf jemanden oder auf etwas wütend werden. Aber sind diese Menschen auch wirklich niemals traurig oder wütend?

Der Ausdruck des Köpers hat eine biologische Funktion. Wir brauchen beispielsweise Trauer um loslassen und Abschied nehmen zu können oder Wut um Grenzen zu setzen und uns verteidigen zu können.

Emotionalwork bezieht den Körper in Form von Bewegung, bewusster Wahrnehmung und Benennung von Körperempfindungen ein. Auch die Beobachtung des Atems und der Einsatz der Stimme (Sätze, Wörter, Töne) sind wesentliche Aspekte dieser Arbeitsform. Der Körper bietet die Basis für diese Arbeit.

Durch den Ausdruck in einem geschützten Rahmen können wir uns wieder an Dinge erinnern, die wir vergessen haben. Wir können die Situation neu erfahren und so Heilung dorthin bringen, wo wir sie brauchen.

Mit Hilfe des Körpers geht man in jene Situationen zurück, die schmerzlich oder traumatisch waren, um sie noch einmal bewusst zu erleben. Diesmal jedoch in einem geschützten Rahmen mit der Unterstützung eines Therapeuten und mit den Fähigkeiten eines Erwachsenen. Denn oft liegen traumatische Erlebnisse in der Kindheit. Als Kind hat man jedoch wenige bis keine Ressourcen, mit diesen Situationen fertig zu werden. Wenn wir nun in einem therapeutischen Setting die Gefühle noch einmal erleben und durch sie hindurch gehen, haben wir die Möglichkeit, eine tiefgreifendere Veränderung zu erzielen, als dies mit einem „darüber Sprechen“ möglich wäre.

Hierbei ist der emotionale Ausdruck sehr wichtig, das auszudrücken, was damals nicht möglich war: Nein zu sagen, zu schreien, zu weinen oder anderen Gefühlen, die sich ausdrücken möchten, Raum zu geben. Der Ausdruck bringt die Energie wieder ins Fließen und man durchbricht das alte Muster und speichert eine neue Erfahrung.

Wir begeben uns nicht in diese schmerzhaften Gefühle und Erlebnisse, um in ihnen zu verharren, sondern im Gegenteil, um sie los zu lassen. Emotionen verhelfen uns zu Erinnerungen, die uns sonst nur schwer zugänglich sind und ermöglichen uns einen Zugang zu unseren Wunden und Bedürfnissen – auch jenen, die wir vor uns selbst zu verbergen versuchen. Diese Emotionen zeigen uns, wo wir emotional blockiert sind. Sie sagen uns auch, was wir benötigen, um diese Wunden zu heilen.

Ein sehr wichtiger Aspekt dieser Arbeit ist die Integration dessen, was ausgedrückt wird. Ohne diese Integration würden die Wunden nur noch weiter aufgerissen werden, wodurch es zu einer Wiedertraumatisierung kommen kann. Die Begleitung eines erfahrenen und verantwortungsvollen Therapeuten ist für diese Arbeit essentiell. Er muss in der Lage sein dafür zu sorgen, dass Gefühle nur in dem Ausmaß wiedererlebt werden, wie sie auch zum Abschluss der Sitzung integriert werden können.

Die Macht der Emotionen

Es gibt sehr viele unterschiedliche Emotionen, die unser Leben auf die eine oder andere Weise beeinflussen. Emotionen sind sogar in der Lage jenes, was die Psychologen als die mächtigsten Triebe für unser Leben betrachten – Hunger, Sex und den Willen zu Überleben – zu  verdrängen. Wenn ein Mensch sich vor der einzig verfügbaren Nahrung ekelt, wird er sie nur widerwillig essen wollen und es kann infolgedessen auch vorkommen, dass dieser Mensch eher stirbt, als die Nahrung zu sich zu nehmen. Emotionen üben auch Einfluss auf den Geschlechtstrieb aus. Bei Angst oder Ekel unternehmen manche Menschen gar nicht erst den Versuch, sexuellen Kontakt herzustellen. Die Verzweiflung wiederum kann in manchen Fällen den Lebenswillen untergraben und jemanden veranlassen, sich das Leben zu nehmen. Wie man an diesen Beispielen sehen kann, können Emotionen durchaus mächtiger sein als der Esstrieb, Sexualtrieb und der Lebenswille.

Einige Emotionen, die meiner Erfahrung nach im therapeutischen Setting immer wieder auftauchen und deren Verständnis für die Aufarbeitung von Bedeutung ist, sind WutTrauer und Angst. Natürlich sind diese nicht die einzigen Emotionen. Diese Emotionen kommen jedoch – zumindest  in unserer Kultur – sehr  häufig vor und werden in der Regel oft unterdrückt. Das hat zur Folge, dass sie jahrelang bestehen und die Lebensfreude stark einschränken.